Mütter im Mittelpunkt

Es heißt, ein Kind stellt das Leben der Eltern, insbesondere das der Mütter auf den Kopf. Doch ist diese Aussage wissenschaftlich fundiert? Dieser Frage geht die Journalistin und vierfache Mutter Abigail Tucker in zehn Kapiteln auf den Grund.

Darin beschreibt sie Forschungserkenntnisse über das besondere Erleben und Verhalten von Müttern, aber auch ihre eigenen Erfahrungen.

Schon während der Schwangerschaft ist der weibliche Körper einschneidenden Veränderungen ausgesetzt. Neben der sichtbaren Zunahme des Bauchumfangs laufen im Inneren versteckte Prozesse ab. So gelangen etwa Stammzellen des Fötus in den Blutkreislauf der Frau und können ihr dabei helfen, plötzliche Herzerkrankungen zu heilen.

Auch nach der Geburt des Kindes unterscheiden sich Mütter der Autorin zufolge in vielfacher Hinsicht von kinderlosen Frauen. So reagieren sie zum Beispiel intensiver auf Babygeschrei, was sich unter anderem daran zeigt, dass sich ihre Pupillen stärker weiten und ihre Körpertemperatur deutlicher steigt. Ihre Wahrnehmung wird offenbar ebenso für Gerüche, Gesichter und Gefühle geschärft. Gleichzeitig klagen viele über Gedächtnisprobleme.

Radikale Umbaumaßnahmen im Gehirn

Für Abigail Tucker steht die Ursache für diese kognitiven und perzeptuellen Veränderungen fest: Das Gehirn von Schwangeren und Müttern werde radikal umgebaut. Sie zeigt auf, wie etwa Hormone, Erbanlagen, Stress und Faktoren in unserer Umgebung die mütterliche Wahrnehmung und das Fürsorgeverhalten beeinflussen. Kurz beschreibt sie dabei die Rolle der Väter, die unter anderem mit ihren Genen die Funktionsweise der Plazenta prägen sollen.

Die Autorin besuchte mehrere Labore und sichtete einen Berg an Forschungsarbeiten, die sich im Quellenverzeichnis nachvollziehen lassen. Häufig bezieht sie sich auf Studien mit Tieren, erzählt unter anderem von kannibalistischen Käfermüttern, allein erziehenden Präriewühlmäusen oder fürsorglichen Springaffenvätern und vergleicht deren Verhalten mit dem von Menscheneltern. Mitunter fehlt den Kapiteln dabei der rote Faden, was womöglich der Fülle an zitierter Forschung geschuldet ist. So wünscht man sich an einigen Stellen, sie hätte weniger Ergebnisse im Buch untergebracht und dafür klarere Schlussfolgerungen gezogen.

Vielfach bezieht die Autorin wissenschaftliche Erkenntnisse auf ihr eigenes Leben. In großen Teilen gleicht das Buch sogar stärker einer Autobiografie als einem Sachbuch. Auffallend offenherzig erzählt Abigail Tucker von Geburtserfahrungen und einer Ehekrise. Wenn die US-Amerikanerin davon schwärmt, wie gut Schwangere und Mütter in europäischen Ländern versorgt werden, etwa durch Mutterschutz und Elternzeit, wird deutlich, dass Frauen in den USA auf weit weniger Unterstützung bauen können. Gleichzeitig wirkt die Geschichte der Autorin dadurch weit entfernt von der hiesigen Lebensrealität.

»Mütter sehen die Welt mit neuen Augen«, ist sich Abigail Tucker sicher. Nach der Lektüre des Buchs könnten sie zumindest einen anderen Blick auf sich selbst entwickeln.

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